Inklusion umgedreht

  • Schülerin und Schüler - vor ihnen auf dem Tisch liegt eine Papierrolle
    Bildergalerie: Atelier Goldstein
  • Schüler bemalt Papierrolle mit Bleistift
  • Papierrolle und Farbkasten
  • Franz von Saalfeld malt Miniaturwelt
  • Guckkasten aus Pappe

Neben einer fortlaufenden Kooperation mit der Integrierten Gesamtschule Süd in Sachsenhausen organisiert das Frankfurter Atelier Goldstein auch immer wieder zeitlich befristete Schulprojekte. So leiteten vier KünstlerInnen des Ateliers im Frühsommer 2022 über insgesamt sechs Wochen unter dem Titel „Bin doch nah – Inklusion umgedreht“ künstlerische Projekte in der Jahrgangsstufe 8 an der Integrierten Gesamtschule Nordend.

Julius Bockelt, Julia Krause-Harder, Franz von Saalfeld und Markus Schmitz arbeiteten – unterstützt von künstlerischen AssistentInnen – an jeweils einem Tag pro Woche mit 100 SchülerInnen im Bereich Zeichnung, Malerei, Skulptur und Graffiti. Die KünstlerInnen gaben anfangs Einblick in ihr eigenes Werk, das auch den Ausgangspunkt für die weitere künstlerische Auseinandersetzung bildete. Dann halfen sie den SchülerInnen bei der Umsetzung und Weiterentwicklung eigener Ideen. Diese Arbeiten wurden in einer gemeinsamen Ausstellung in den Räumlichkeiten des Atelier Goldstein in Sachsenhausen präsentiert.

Die Zusammenarbeit ermöglichte es den Jugendlichen, die KünstlerInnen als Lehrkräfte und vor allem ExpertInnen in ihrem Bereich zu erleben. Diese positive Erfahrung bildet die Basis, um veraltete Denkmuster über Beeinträchtigung und Defizite zu hinterfragen und kann über den Unterricht hinaus weite Kreise ziehen.

Franz von Saalfeld: Zauberhafte Miniaturwelten
Die fantasievollen Zeichnungen, Aquarelle und Miniatur-Kulissen des Künstlers Franz von Saalfeld zeigen eine imaginäre Stadt und ihre BewohnerInnen, die er auch im Theaterstück „Hans Ullrich“ beschreibt. Seine Guckkästen aus Pappe eröffnen beim Drehen der Bildrolle detailreiche Straßenszenen mit teils überraschenden Charakteren und gewähren so den Blick in ganze Erzählstränge. Beim Projekt an der IGS Nordend bauten die SchülerInnen einzeln oder in Kleingruppen Guckkästen mit Bildrollen. Diese konnten klein wie Streichholzschachteln sein oder die Maße eines Möbelstücks haben. Sie durften mit Zeichnungen, Aquarell oder Fotocollagen gestaltet werden, Geschichten wiedergeben oder Beobachtungen abbilden.

Julius Bockelt: Alles schwingt
Der Ursprung der künstlerischen Praxis von Julius Bockelt liegt in der Musik. Seine Zeichnungen sind in gewisser Weise der Versuch, Töne als Schwingungen auf Papier zu bringen. Der Künstler zeichnet Linien aus der freien Hand, die wie mit dem Metermaß gezogen erscheinen. Durch die Reihung der Striche und ihre Überlagerung kommt es zu grafischen Effekten, die vom Auge als Schwingungen wahrgenommen werden. Im Projekt an der IGS Nordend zeigte Julius Bockelt, wie diese extrem feinen Zeichnungen entstehen und welche Wirkungen sich damit erzielen lassen. Es wurde mit verschiedenen Farben experimentiert und mit Linealen verschiedenster Formen und Größen gezeichnet.

Seit über 20 Jahren bringt das Frankfurter Atelier Goldstein mehr Diversität in den Kunstbetrieb: mit professionellen Atelierräumen, durch international erfolgreiche Agenturtätigkeit und nicht zuletzt das hier beschriebene Bildungsprogramm, bei dem KünstlerInnen mit Beeinträchtigung an Schulen unterrichten. Eine ausführliche Reportage über die Initiative findet sich im aktuellen SAGST-implizit.