Mehr Zeit für die Sinne: Naturpädagogisches Zentrum Schilasmühle

Natur und Gemeinschaft erleben, Tieren begegnen, im Stall oder in der Werkstatt mitarbeiten: All das geht im naturpädagogischen Zentrum Schilasmühle in Frankfurt-Niederursel, einem kleinen Bauernhof am Rande der Stadt.
Vorständin Claudia Grah-Wittich ist seit vielen Jahren in der Elternberatung, Frühförderung sowie Erwachsenenbildung an der Freien Bildungsstätte „der hof“ tätig und unterrichtet als Dozentin im In- und Ausland. „Die erste und wichtigste Umgebung für unsere Kinder sind die Erwachsenen“, hält sie fest. „Wir machen uns allerdings oft gar keine Vorstellung von ihren elementaren Bedürfnissen und greifen viel zu früh in ihr kindliches Spiel ein, weil wir nicht sehen, wie zufrieden sie eigentlich sind.“
Wenn die Eltern zum Beispiel am Sandkasten sofort Eimer und Schaufel bringen, statt die Kleinen einfach mit den Händen den Sand fühlen zu lassen, nehmen sie ihnen die Chance, Sinneswahrnehmungen im eigenen Tempo zu verarbeiten, erklärt die Expertin: „Es geht schließlich nicht nur darum, etwas anzufassen und zu spüren, sondern vielmehr darum, die damit verbundenen Empfindungen zuzulassen und zu einem persönlichen Urteil zu kommen.“ Das mache den Tastsinn, der zudem eng mit dem Erleben von Nähe und Distanz sowie unserer Beziehung zur Welt verbunden sei, zur Basis für alle übrigen Sinne. Allerdings hätten viele Kinder heute Schwierigkeiten, diese wichtige Sinnesgrundlage in gesunder Form aufzubauen.
Schon Neugeborenen könnten hier Massagen helfen sowie sanfte, aber bestimmte Berührungen in der Pflege. Häufig fällt allerdings erst später auf, dass der Tastsinn nicht ausreichend ausgebildet wurde, weil die Kinder bestimmte Dinge nicht berühren wollen oder allgemein Schwierigkeiten haben, mit der Welt in Kontakt zu kommen, so Grah-Wittichs Erfahrung: „Manche entwickeln starke Ängste, andere haben Probleme mit Grenzen oder können sich im emotionalen Bereich nicht gut regulieren, weshalb ihre Eltern sich an die Frühförderstelle wenden.“ In diesen und weiteren Fällen bietet die Schilasmühle einen Nachentfaltungsraum. „Die Natur und die Tiere schaffen wunderbare Möglichkeiten der Nachreifung“, sagt Grah-Wittich. „Wenn die Kinder zum Beispiel einen Esel streicheln, erhalten sie jede Menge sinnliche Anregungen: Sie spüren die Wärme des Fells, seine Beschaffenheit, aber auch die Lebendigkeit des Wesens, das da vor ihnen steht.“