Zwischen Anpassung und Anderssein

Treppe mit Graffiti eines in sich gekehrten Mädchens
Foto: C. Fischer

Persönlichkeitsentwicklung und die Suche nach dem eigenen, passenden Platz in der Gesellschaft spielen im Teenageralter eine große Rolle. Konflikte mit den Eltern oder Veränderungen im Freundeskreis können schmerzhaft sein, hinzu kommt häufig wachsender Druck in der Schule. Autistische Jugendliche sind aufgrund ihres erhöhten Stresserlebens durch Reizüberflutung und eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten in dieser bewegenden Lebensphase speziell herausgefordert. Vor allem im Schulkontext müssen diese oft enorme Anpassungsleistungen erbringen, die bis zur Selbstverleugnung gehen können.

Wie sie diese Situation wahrnehmen und bewältigen, erforscht eine im Februar 2023 gestartete dreijährige Interviewstudie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mit SchülerInnen der Sekundarstufe I (fünfte bis zehnte Klasse). Denn obwohl Schulen auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft im Fokus stehen, ist über die tatsächliche Qualität der vielerorts geschaffenen neuen Rahmenbedingungen noch zu wenig bekannt – und noch weniger darüber, wie beeinträchtigte Jugendliche den Unterricht erleben.

Das Projekt „SchülerInnenperspektiven von Jugendlichen im Autismus-Spektrum“ wird am Institut für Rehabilitationspädagogik durchgeführt, wo Prof. Dr. Christian Lindmeier die Arbeitsbereiche „Pädagogik bei kognitiver Beeinträchtigung“ sowie „Pädagogik im Autismus-Spektrum“ leitet – er hat die deutschlandweit einzige Professur in diesem Bereich. Mit seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Mieke Sagrauske wird er 15 autistische Jugendliche zu ihren Erfahrungen befragen, die hier als ExpertInnen in eigener Sache zu Wort kommen. Von diesem partizipativen Forschungsansatz versprechen sich die Verantwortlichen wertvolles Praxiswissen, aus dem sich auch Empfehlungen ableiten lassen, wie der inklusive Schulalltag noch besser gestaltet werden kann.