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Akademischer Brückenschlag

Phillipp Gelitz am Schreibtisch
Foto: Alanus Hochschule

Viel Zeit fürs freie Spiel sowie Erfahrungsräume für Körper, Seele und Geist: Die frühkindliche Waldorfpädagogik will kleine Kinder behutsam begleiten und ihre Entwicklung ganzheitlich fördern. Wie charakterisieren Fachkräfte und Eltern diese spezielle pädagogische Qualität? Dieser Frage ging Philipp Gelitz im Rahmen seiner Promotion nach, die er kürzlich als vierter Stipendiat des Graduiertenkolleg Waldorfpädagogik der Alanus Hochschule abgeschlossen hat.

Seit fast 100 Jahren gibt es Waldorfkindergärten, weltweit sind es aktuell rund 2.000 Einrichtungen. Doch was ist eigentlich typisch für die Waldorfpädagogik der frühen Kindheit? Die Experteninterviews, die Philipp Gelitz mit ErzieherInnen, Dozierenden und Eltern für seine von Professor Guido Pollak an der Universität Passau betreute Promotion geführt hat, vermitteln interessante Perspektiven auf diese Frage. Neben einem stark idealistischen Menschenbild prägen demnach spezielle pädagogische Elemente den Alltag in Kindergärten und Krippen: „Hier wird das freie Spiel genannt, die Bedeutung sinnlicher Erlebnisse sowie von Rhythmus und Ritualen“, erläutert Philipp Gelitz. „Gerade Letzteres ist eine Eigenheit der Waldorfpädagogik. Ebenso der ganze Themenbereich Hülle und Geborgenheit, dass man Schutzräume schaffen will, in denen sich die Kinder sicher fühlen.“ Weitere Besonderheiten seien die vielen Feste im Jahreslauf, künstlerische Aktivitäten wie Puppenspiel oder Aquarellieren sowie hauswirtschaftliche und handwerkliche Tätigkeiten. „Auf der Ebene der Arbeitsstrukturen benennen die Interviewten die Konferenzarbeit und auch die waldorfpädagogische Ausbildung ist ihnen wichtig“, ergänzt Philipp Gelitz.

Die starke Ausrichtung der frühkindlichen Waldorfpädagogik auf Selbstwirksamkeitserfahrungen und Kompetenzwahrnehmung, aber auch die Orientierung an salutogenetischen Prinzipien schließt an vielen Stellen an moderne psychologische und erziehungswissenschaftliche Konzepte an. Anders als bei der Waldorfschulpädagogik findet hierzu bislang allerdings nahezu kein akademischer Austausch statt: „Die wenigen Studien in diesem Bereich werden fast gar nicht wahrgenommen, der Brückenschlag ist von beiden Seiten noch nicht begonnen“, bedauert Philipp Gelitz. Als Mitarbeiter des Instituts für Kindheitspädagogik der Alanus Hochschule will er daran mitwirken, dies zu ändern. Bereits im Herbstsemester 2022/23 hat er eine öffentliche Ringvorlesung zur frühen Kindheit organisiert, deren Beiträge demnächst als Buch veröffentlicht werden. Fürs nächste Herbstsemester ist eine Fortsetzung geplant. Am Graduiertenkolleg Waldorfpädagogik schätzt Philipp Gelitz insbesondere, dass die Stipendiaten ihre Promotion an verschiedenen Orten durchführen können und einen offenen Diskurs mit ganz unterschiedlichen Personen pflegen. „Daraus folgt, dass die Waldorfpädagogik nicht nur eher intern an der Alanus Hochschule verhandelt wird, sondern in einem offenen Diskurs mit Professoren, die dezidiert nicht waldorfsozialisiert sind.“

Mehr Informationen:
Das 2015 gegründete Graduiertenkolleg Waldorfpädagogik an der Alanus Hochschule vergibt Stipendien für Promotionsvorhaben, um Forschung und akademische Nachwuchsförderung im Bereich der Waldorfpädagogik anzuregen. Finanziert wird das Programm von der SAGST, der Pädagogischen Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen und der Firma Stockmar.

In einem auf der Website der Alanus Hochschule veröffentlichten Interview berichtet Philipp Gelitz ausführlicher über die Ergebnisse seiner Promotion und seine weiteren wissenschaftlichen Vorhaben am Institut für Kindheitspädagogik.

Zum Weiterlesen:
Philipp Gelitz: Pädagogische Qualität in Waldorfkindergärten und Waldorfkrippen. Eine qualitative empirische Studie zu spezifischen Qualitätsmerkmalen aus Sicht beteiligter Erwachsener. Wiesbaden: Springer VS 2022
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-40377-5