Die von uns geförderten Projekte sind
unsere Fenster in die Welt.

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Das Kinderhaus Luftikus – Ein Ort zum Luftholen für beatmete Kinder und betroffene Familien

  • Blick auf die Terrasse vom Kinderhaus Luftikus mit Blick ins Tal
    Fotogalerie: Impressionen aus dem Kinderhaus Luftikus, Fotos: Projektträger
  • Ein großer heller Raum mit vielen Fenstern in dessen Mitte ein langer Holztisch mit vielen Stühlen steht
  • Zwei Betreuerinnen und ein Kind auf einer großen Hollywood-Schaukel im Garten
  • Ein helles und weitläufiges Zimmer mit zwei Betten

Kahle Wände, grauer Linoleumboden, Neonlicht – Intensivstationen sind keine Orte, an denen sich Kinder und Jugendliche altersgerecht entwickeln können. Dennoch müssen einige von ihnen hier einen Großteil ihres Lebens verbringen, weil sie dauerhaft auf eine künstliche Beatmung angewiesen sind. Für sie ist Klinik Alltag und die Langzeitbeatmung aus unterschiedlichen Gründen lebenswichtig: Verschiedene Muskel- und Nervenkrankheiten, angeborene Schwer- oder Mehrfachbehinderungen sowie Stoffwechselerkrankungen, aber auch die Folgen von Tumoren, Infektionen und Unfällen können sie erforderlich machen.

Insgesamt müssen in Deutschland schätzungsweise 2.000 junge Patientinnen und Patienten über eine sogenannte Trachealkanüle dauerbeatmet und rund um die Uhr intensivst betreut werden. In den eigenen vier Wänden können dies nur die wenigsten Familien sofort von Anfang an bzw. dauerhaft leisten. Denn die Versorgung der Kinder zu Hause ist aufwendig: Bis zu sechs Pflegekräfte pro Kind sind nötig, um eine 24-Stunden-Betreuung sicherzustellen. Das verlangt den betroffenen Familien viel ab – physisch, psychisch und finanziell.

Durchatmen, Kraft schöpfen, Mut fassen
Vor diesem Hintergrund wurde der Verein Luftikus gegründet – mit dem Ziel, eine besondere Wohn- und Lebensform für beatmete Kinder zu verwirklichen, in der nicht nur außerklinische Intensivpflege, sondern auch kindgerechte Entwicklung möglich ist. Mit großem Engagement und Leidenschaft sowie der Unterstützung von vielen Spendern, Firmen, Handwerkern und Ehrenamtlichen ist diese Vision 2015 Realität geworden. In einer ehemaligen Skifabrik im Nordschwarzwald haben die Initiatoren Dr. Markus Stiletto und die Innenarchitektin Birgit Stiletto zusammen mit weiteren Vereinsmitgliedern eine gemütliche Wohneinrichtung entstehen lassen, in der zehn Kinder und Jugendliche zwischen null und 18 Jahren mit Intensivpflegebedarf auf Dauer oder für eine kurze Übergangszeit ein Zuhause finden – etwa dann, wenn der Pflegedienst vor Ort noch nicht gesichert ist oder die betroffenen Familien eine Auszeit brauchen. „Hier dürfen alle durchatmen, Kraft schöpfen und neuen Mut fassen”, heißt es auf der Website des Kinderhauses. Denn auf der idyllischen Anhöhe im Nordschwarzwald stehen auch zwei Appartements für Eltern und Geschwisterkinder zu Verfügung.

Ausdruck von Wertschätzung
In Baiersbronn trifft professionelles Beatmungsmanagement auf ein wohnliches Ambiente. Mit natürlichen Materialien, Farben sowie viel Licht und Liebe zum Detail hat sich die Initiatorin große Mühe gegeben, keine sterile Krankenhausatmosphäre aufkommen zu lassen. Stattdessen hat sie den Charme der alten Skifabrik erhalten, einen massiven Dielenboden einbauen und die aufwendige Medizintechnik verdeckt unterbringen lassen. Diese liebevolle Raumgestaltung mit modernen Möbeln ist, erklärt Birgit Stiletto, „Ausdruck der Wertschätzung den Familien gegenüber, die durch ihre starke Belastung, ein behindertes Kind zu betreuen, unter hoher Anspannung leben. Und natürlich den Kindern und Jugendlichen gegenüber, die leider so oft durch die notwendigen technischen Hilfsmittel kaum von etwas Ästhetischem umgeben sind.”

Lebensqualität und familiäre Gemeinschaft
Alle pflegerischen und betreuenden Maßnahmen im Kinderhaus Luftikus zielen auf ein Höchstmaß an Wohlbefinden, Selbstständigkeit sowie Normalität für die Kinder und ihre Familien ab. In dieser Wohlfühlatmosphäre sind nicht nur familiäre Gemeinschaft und die Begegnung mit gesunden Gleichaltrigen, sondern auch die Schulung der Angehörigen sowie die heilpädagogische und therapeutische Förderung  der kleinen Patienten entspannt möglich. Mit Ergo-, Kunst- oder Musiktherapie geht sie weit über die notwendige medizinisch-pflegerische Versorgung hinaus und will die Kinder und Jugendlichen individuell in ihrer emotionalen, geistigen und sozialen Entwicklung unterstützen. Dabei sieht der Kinderarzt Dr. Markus Stiletto vor allem in der (Wieder-)Erlangung, Verbesserung und Sicherung der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten den Schlüssel zu Integration und Teilhabe an einem aktiven gesellschaftlichen Leben.

Initiative mit Sinn
Inklusive Ansätze und familienentlastende Angebote wie diese sind selten. So gibt es in Baden-Württemberg – neben dem Kinderhaus Luftikus – bisher nur eine weitere Einrichtung mit 14 Plätzen, in der langzeitbeatmete Kinder im Vorschulalter dauerhaft leben können. Der Bedarf allein in diesem Bundesland ist mit 275 dauerbeatmeten Kindern und Jugendlichen deutlich höher. Auch bundesweit gab es bis vor einigen Jahren nur wenige Einrichtungen, wie das Kinderhaus AtemReich in München, die die besonderen Bedürfnisse der beatmeten Kinder und betroffenen Familien berücksichtigt haben.

Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, so die Beobachtung Birgit Stilettos, dass die bestehenden Einrichtungen mehrheitlich aufgrund von Privatinitiative und nicht durch das Engagement öffentliche Träger entstanden sind. Sie weiß, die nötige Ausdauer, Kraft, Hoffnung und Fantasie könne man für ein solches Projekt nur haben und über lange Zeit halten, wenn man einen höheren Sinn darin sehe. „Wir wünschen uns”, sagt sie, „dass die Kinder ein so lebenswertes Leben leben können, wie es in unserer Macht steht, für sie zu ermöglichen. Denn sie sind genauso Gottes Geschöpfe, wie es alle, die mit ihnen zu haben, auch sind.”

Aus dieser Überzeugung heraus, erläutert Projektleiterin Jana Weische, hat die Software AG – Stiftung den Mut der Initiatoren, ein neues Konzept zur Beatmung und Betreuung in familiäre Umgebung zu realisieren, unterstützt. „Denn auch wenn die Entwicklungen bei den Kindern und Jugendlichen für uns minimal erscheinen mögen, sind es für die dauerbeatmeten Kinder große Schritte auf ihrem Lebensweg.”