Die von uns geförderten Projekte sind
unsere Fenster in die Welt.

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Mehr Platz für Hessens erste Bio-Kaffeerösterei: Die Gemeinschaft in Kehna wirkt in die Region – und darüber hinaus

Ein Mitarbeiter der Rösterei füllt geröstete Kaffeebohnen in eine Verpackung
Foto: C. Fischer

Die Kaffeerösterei der sozialtherapeutischen Lebensgemeinschaft in Kehna ist ein echtes Erfolgsmodell. Mit Unterstützung der Software AG – Stiftung konnte sie in größere Räumlichkeiten umziehen – das stärkt nicht nur die wirtschaftliche Basis der Einrichtung, sondern auch ein Arbeitsmodell, das auf partnerschaftlichen Umgang mit Menschen mit Behinderungen setzt.

In der sozialtherapeutischen Arbeit mit Menschen mit Behinderungen findet seit Jahren ein Paradigmenwechsel statt: Begleitung auf Augenhöhe und gesellschaftliche Teilhabe sind heute zentrale Anliegen. Auch in der Gemeinschaft in Kehna spielen diese Werte eine wichtige Rolle: In dem kleinen Dorf nahe Marburg leben und arbeiten Menschen mit Hilfebedarf mit den Mitarbeitern in Haus- und Wohngemeinschaften zusammen, mehrere Werkstätten bieten sinnstiftende Arbeitsfelder. „Wir möchten Menschen mit Behinderung die Möglichkeit geben, ein sinnerfülltes und weitgehend selbstbestimmtes Leben zu führen“, betont Michael Gehrke, einer der Gründer. „Die Gemeinschaft in Kehna arbeitet intensiv und erfolgreich daran, dass die behinderten Bewohner Teil der gesamten Dorfgemeinschaft sowie der Gemeinde sind.“

1993 erwarb der Verein „Hofgemeinschaft für heilende Arbeit e.V.“ drei Hofreiten in dem damals stetig schrumpfenden Ort mit gerade noch 50 Einwohnern. Zwei der denkmalgeschützten Anwesen wurden schon vor Jahren liebevoll saniert und bieten nicht nur Platz für Wohnräume, sondern auch für mehrere Werkstätten. Mittlerweile gibt es insgesamt 54 genehmigte Werkstattplätze in Kehna, hinzu kommen 8 weitere Stellen in der Region, z.B. in der Jugendherberge, bei einem nahegelegenen Werkzeughandel und einem Biohof in der Nähe. „Es ist uns wichtig, viele regionale Verbindungen aufzubauen und gute Kontakte zu anderen Initiativen zu pflegen“, erklärt auch Mitgründerin Gabriele Scholtes. „Das zeigt sich an der hohen Zahl von betriebsintegrierten Beschäftigungsplätzen bei Arbeitgebern im Umkreis.“

Im Zusammenleben ebenso wie in den verschiedenen Arbeitsbereichen setzt die Gemeinschaft auf Mitwirkung und Verantwortungsübernahme und versucht auf diese Weise, den individuellen Möglichkeiten der Menschen gerecht zu werden. „Der respektvolle und partnerschaftliche Umgang ist ein elementares Leitmotiv unserer Gemeinschaft“, so Eva Schäfer, die gemeinsam mit Andreas Tünnemann die Rösterei leitet. Den in der anthroposophischen Heilpädagogik üblichen Begriff der „Seelenpflege“ versteht sie vor allem als dialogische Beziehungsgestaltung: „Dadurch entsteht eine Umwelt, die den psychischen und sozialen, aber auch den spirituellen Bedürfnissen der Menschen Raum gibt.“

Mit Unterstützung der Software AG – Stiftung wurde im Laufe der Jahre 2011-2014 auch das dritte Anwesen, der Oarmshof, um- und ausgebaut. Er beherbergt unter anderem eine besondere Werkstatt der Gemeinschaft, nämlich die Kaffeerösterei. Diese hat sie als erste sozialtherapeutische Einrichtung in Deutschland im Jahren 2000 eingerichtet – mit großem Erfolg, nicht zuletzt dank eines kompetenten Rösterteams, das einen Kaffee produziert, den viele Kunden, haben sie ihn einmal probiert, nicht mehr missen möchten. Die Vergrößerung der Rösterei ermöglichte 14 neue Arbeitsplätze und schaffte den notwendigen Platz, um die Produktion der wachsenden Nachfrage nach hochwertigem Bio-Kaffee anzupassen. Ein einladender Verkaufsraum mit Bistrotischen lädt zum Kosten und Kennenlernen der angebotenen Kaffeespezialitäten ein. Außerdem entstanden im Gebäude drei Plätze für Betreutes Wohnen.

„Uns hat nicht nur die erfolgreiche Entwicklung der Gemeinschaft selbst, sondern auch die positiven Auswirkungen auf das soziale Leben des Ortes überzeugt“, zeigt sich Klaus Plischke, der zuständige Projektleiter bei der Software AG – Stiftung, beeindruckt. „Das Leben im Dorf ist bunter und abwechslungsreicher geworden, die Werkstätten der Gemeinschaft sorgen im Verbund mit der Kafferösterei und dem kleinen Bistro für eine Wiederbelebung der dörflichen Lebens- und Arbeitskultur. Inzwischen hat die Kaffeerösterei auch überregional so großen Anklang gefunden, dass die Erweiterung durch den Ausbau des Oarmshofs nur folgerichtig war.“

Der Ausbau der Kaffeerösterei stärkt die wirtschaftliche Basis der Gemeinschaft und damit auch die sozialen Impulse, die von ihr ausgehen – und das sogar weit über die Region hinaus: Mittlerweile hat der Initiator Michael Gehrke mit anderen Kaffee-Werkstätten ein ganzes Netzwerk aufgebaut, das in direktem Kontakt zu ökologisch arbeitenden Kaffee-Erzeugerinitiativen weltweit steht. Damit ist es möglich, in direktem Austausch mit den Erzeugern vor Ort besondere Kaffeequalitäten zu erhalten und faire Preise für ihre hochwertige Rohware zu zahlen.