Software AG – Stiftung gratuliert Hofgut Oberfeld zum Hessischen Tierschutzpreis in der Landwirtschaft
Wenn man auf die Entwicklung der Kälberaufzucht in den letzten Jahrzehnten schaut, fällt auf, dass das Natürliche, nämlich die Aufzucht am Muttertier, mit großem Aufwand durch das Künstliche, die Trennung vom Muttertier, ersetzt wurde. Auch wenn die Isolierung der Kälber vielfach damit gerechtfertigt wird, dass sich dadurch Krankheiten weniger verbreiten können, sind die sozialen Aspekte für die Kühe aus dem Blick geraten. Denn so ist die Kommunikation der Kälber mit älteren Tieren und damit die Weitergabe von Erfahrungen überhaupt nicht möglich. Auch die Frage nach dem Wohlbefinden der Kälber und der Kühe wird dabei nicht berücksichtigt.
Dem steht gegenüber, dass Verbraucher bei ökologischen Betrieben oft voraussetzen, dass das Kalb bei der Mutter aufwachsen darf. Wenn dem nicht so ist, sind Überraschung und Enttäuschung groß. Auch in den Medien wurde dieser Missstand verstärkt aufgegriffen.
Vor diesem Hintergrund praktizierte das Hofgut Oberfeld seit 2013 bei der Kälberaufzucht eine Kombination aus muttergebundener Aufzucht und Aufzucht durch Ammen, seit Anfang 2015 wurde komplett auf die muttergebundene Kälberaufzucht umgestellt. Das bedeutet, dass alle Kälber zwölf bis 16 Wochen von ihrer Mutter gesäugt werden und direkten Kontakt zu ihr haben.
Dieses Engagement für das Tierwohl wurde nun mit dem erstmalig verliehenen Hessischen Tierschutzpreis in der Landwirtschaft ausgezeichnet. Im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im neuen Kuhstall des Hofguts übergab Dr. Beatrix Tappeser, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, die Urkunden an die ausgezeichneten Betriebe.
Mit dem ersten Preis wurde der Antoniushof von Peter Linz in Fulda für den besonders tiergerechten Ferkelstall und die Ferkelaufzucht ausgezeichnet, die beiden zweiten Preise gingen an den Karlshof von Michael Dörr in Roßdorf für die luftigen, hellen, weiträumigen, eingestreuten Ställe für 300 Milchkühe und 270 Rinder sowie an das Hofgut Oberfeld in Darmstadt. Dr. Kathrin Goebel nahm den Preis für das Oberfeld für die muttergebundene Kälberaufzucht in ihrem Milchviehbetrieb mit 40 Kühen entgegen.
„Um ein Umdenken in Sachen Tierwohl zu fördern, kann man entweder den Finger in die Wunde legen und Negativbeispiele zeigen – oder man zeigt positive Beispiele auf, die sich im Sinne eines Schneeballsystems verbreiten können“, erläuterte Tappeser. Mit dem erstmals verliehenen Tierschutzpreis in der Landwirtschaft wolle man die „Best-Practice-Beispiele“ zeigen, die Tierwohl und ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit vereinen. Dem schloss sich auch Kathrin Goebel vom Hofgut Oberfeld an und verband mit dem neu eingeführten Preis die Hoffnung, dass in Zukunft möglichst viele positive Ansätze verbreitet werden. „Gerade die muttergebundene Kälberaufzucht wird häufig als nicht praktikabel kritisiert, am Beispiel Oberfeld kann erlebt werden, dass das Gegenteil der Fall ist. Wir gratulieren diesem Musterbetrieb der biologisch-dynamischen Landwirtschaft zur Preisverleihung“, betont auch Cornelius Sträßer, Projektleiter der Software AG – Stiftung.
Hessischer Tierschutzpreis für landwirtschaftliche Betriebe
Der Hessische Preis für landwirtschaftliche Betriebe mit Nutztierhaltung soll in Hessen ansässige Betriebe im Haupt- bzw. Nebenerwerb auszeichnen. Geehrt werden Betriebe deren Haltungssysteme oder Managementmaßnahmen nachhaltig und praxisnah zur Verbesserung des Tierschutzes beitragen oder als Vorbild auf andere landwirtschaftliche Betriebe übertragbar sind. Die Jury besteht aus acht Personen, praktisch tätige Landwirtinnen und Landwirte, Vertreter und Vertreterinnen der berufsständigen Organisationen, dem Tierschutz und der Wissenschaft. „In der allgemeinen Diskussion zum Thema Tierwohl in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung geht manchmal unter, dass sehr viele Landwirte und Landwirtinnen schon seit Jahren im Verborgenen daran arbeiten, mehr Tierwohl in die betrieblichen Abläufe zu integrieren. Heute wollen wir den Fokus daher auf besonders tiergerechte Betriebe legen“, betonte Tappeser bei der Verleihung des Preises in Darmstadt.
Hofgut Oberfeld
Zahlreiche Menschen haben sich mit der Idee solidarisiert, den letzten Bauernhof in der Kernstadt Darmstadt zu weiterzuführen und das Oberfeld als Offenland und Naherholungsgebiet zu erhalten und durch ökologische Bewirtschaftung aufzuwerten. Darüberhinaus wird im Lernort Bauernhof Menschen aller Alterstufen die Möglichkeit geboten mit allen Sinnen, mit Herz und Verstand Landwirtschaft und Natur zu erleben. In 2015 nutzten dies über 4.000 TeilnehmerInnen.
Der Heydenmühlen e.V. bietet auf dem Oberfeld Wohnmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung an, die zunehmend in verschiedenen Bereichen des Projekts auch mitarbeiten. In der Hofgut Oberfeld Landwirtschafts Aktiengesellschaft engagieren sich viele Bürger Darmstadts als Aktionäre; in der Initiative Domäne Oberfeld e.V. engagieren sie sich als freiwillige Mitarbeiter auf den Baustellen und bei der Pflege des Hofguts.
Das Hofgut ist Eigentum der gemeinnützigen Stiftung Hofgut Oberfeld und dadurch langfristig der Spekulation entzogen. Hier finden Sie weitere Informationen zur Iniviative Domäne Oberfeld, zur Landwirtschaft und zum Lernort Bauernhof.
Die Software AG – Stiftung begleitet das Hofgut Oberfeld von Anfang an und fördert zahlreiche gemeinnützige Initiativen, die dort aktiv sind.