Gesundheit größer denken: Medizinisch-landwirtschaftliches Studienjahr
Wie könnte eine Landwirtschaft aussehen, die uns Menschen gesund ernährt, ohne Raubbau an der Natur zu betreiben? Und wie gelingt in der Medizin ein umfassenderer Blick auf Gesundheit, der neben der Zusammensetzung unserer Ernährung auch die Umstände berücksichtigt, unter denen Lebensmittel produziert werden? Medizinstudierende finden auf solche Fragen während ihrer Ausbildung nur selten Antworten. Das Studium ist vor allem auf den städtischen Raum und klinische Bereiche ausgerichtet, obwohl das zukünftige Gesundheitssystem, so eine wiederkehrende Forderung von ExpertInnen, ambulanter werden soll. Hier setzt das Medizinisch-landwirtschaftliche Studienjahr (MeLaS) an. Das Kooperationsprojekt des Gerhard Kienle Lehrstuhls der Universität Witten-Herdecke (UW/H) mit dem biodynamisch wirtschaftenden Dottenfelderhof in Bad Vilbel sowie dem Berufsverband der Präventologen hat Anfang September 2023 begonnen und wendet sich an Studierende, angehende sowie bereits praktizierende ÄrztInnen.
„ÄrztInnen könnten starke MultiplikatorInnen hinsichtlich Ernährung und Gesundheit sein, aber sie wissen oft nicht, wie wir essen sollten, um eine gesunde Erde zu fördern“, sagt Univ.-Prof. Dr. med. David Martin von der UW/H, der das Programm gemeinsam mit dem Landwirt Martin von Mackensen konzipiert hat. Hinzu komme, dass sich so viele Menschen in Krisen befänden, dass der psychotherapeutische Bedarf kaum zu decken sei: „Wir wissen aus unseren Studien, dass ein gesunder Umgang mit Natur eine Psychotherapie in vielen Fällen ersetzen oder unterstützen kann. Das heißt, Landwirtschaft, Bildung und Medizin müssen sich wieder annähern und Synergien bilden. Das wird uns auch krisensicherer machen.“
Deshalb lernen die Teilnehmenden des Studienjahres wichtige Schnittstellen von Medizin und Landwirtschaft kennen. U. a. setzen sie sich mit dem Wechselspiel zwischen Gesundheit als innerer Natur des Menschen und der ihn umgebenden äußeren Natur auseinander. Praktische Arbeit, Wahrnehmungsübungen auf dem Feld, Vorträge und seminaristisches Lernen in Gruppen, aber auch das Leben in einer großen Hofgemeinschaft bieten vielfältige Anregungen, sich diesen Themen aus verschiedensten Perspektiven zu nähern. Die AbsolventInnen erhalten ein landwirtschaftliches Zertifikat und den Titel „Präventologin/Präventologe“ mit der Zertifizierung als GesundheitstrainerIn. Die Ausbildung folgt den internationalen WHO Benchmarks für Ausbildung in Anthroposophischer Medizin und der Gesundheitsförderung mit entsprechenden Credit Points der GAÄD Akademie. Das Zertifikat als GesundheitstrainerIn wird von den Krankenkassen anerkannt.